Julie Campiche soloUNSPOKEN
Best-Nr:RON047CD
Barcode:610098168652
VÖ Datum:13.02.2026
Label:Ronin Rhythm Productions
Labelcode:99999
Stil:Jazz/Allgemein

Instrument und Musik der Harfenistin Julie Campiche sind polyphon und polymorph. Die Schweizerin aus Genf spielt Jazz mit ihrem eigenen Quartett, moderne Kammermusik mit ihrem Strings Project und komponiert speziell auch Musik für Performances und Filme. Damit sucht sie mutig und fokussiert nach musikalischem Ausdruck für aktuelle Gesellschafts-Themen. Das neue Album UNSPOKEN ist Julie Campiches erstes Soloalbum. Jedes Stück darauf ist ein musikalisches Portrait einer engagierten Frau oder einer Frauenrechts-Bewegung.

Aus dem Schatten ins Licht

Die erste Inspiration für das Album war Charlotte Bienaimés „Un podcast à soi”, in dem grundlegende Fragen zu Gender und Feminismus diskutiert werden. "More often than not in history, 'Anonymous' was a woman" - dieser Satz von Virginia Woolf, der als Motto des berühmten Radio-Podcasts dient, hat auch bei Julie Campiche Widerhall gefunden. Frauen eine Stimme zu geben, aber auf eine ganz eigene, künstlerische Art und Weise: Das ist der rote Faden, der sich durch das Album zieht. UNSPOKEN ist weniger ein feministisches Manifest als ein kreatives Statement, welches die weibliche Stärke feiert, die durch Engagement und Offenheit gleichzeitig genährt wird. Die Genfer Harfenistin thematisiert das fragile Gleichgewicht von Frauen im Schatten und im Licht der Gesellschaft. „Es ist die weibliche Stärke und Präsenz, welche die Welt am Laufen hält. 80 % der Hausarbeit wird von Frauen kostenlos und anonym erledigt. Ich möchte aussergewöhnliche Frauen feiern, aber auch dieser alltäglichen Stärke einen Platz geben.“ Zu den Persönlichkeiten, die Julie Campiche inspirieren und deren Stimmen und Taten sie heraufbeschwört, gehören die Schweizer Künstlerin und Prostituierte Grisélidis Réal, oder Las Patronas, die mexikanischen Schutzengel, welche Menschen, die sich zur Migration entschlossen haben und illegal in Güterzüge in Richtung USA stiegen, mit Essen und Wasser versorgen.

Eintauchen und Engagement

Produziert mit der Klarheit und Eigenständigkeit eines Indie-Pop-Albums, kombiniert UNSPOKEN gekonntes Harfenspiel und Gesang mit subtilem Einsatz von Elektronik und Effekten, Gesangs- und Sound-Samples. Das Album entfaltet eine reichhaltige Dramaturgie, die es den Zuhörer*innen ermöglicht, in die Musik einzutauchen und sich gleichzeitig zu engagieren. Mit Harfe, Spirit, Verstand und ihrer Software und mit ihrer Risikobereitschaft treibt Julie die wichtige Debatte über das Gleichgewicht der Geschlechter in unserer Gesellschaft weiter voran. Getreu ihrem Stil und ihrer Haltung wagt sie einen weiteren künstlerischen Sprung und kreiert neue Klangräume, ohne Protokoll oder Stil-Anweisungen, um den Stimmen der Frauen konsequent Gehör zu verschaffen. Ihre Live-Shows mit diesem Programm sind multidisziplinär und integrieren Visuals, die den Bedeutungsraum erweitern und so einen bewegenden und nachhaltigen Eindruck auf das Publikum hinterlassen.

BIO: Vorwärts gehen und die Dinge verändern

Julie Campiche, die eine klassische Ausbildung genossen hat, entdeckte den Jazz vor zwanzig Jahren bei einem Big-Band-Auftritt. Fasziniert davon beschloss sie, in diese neue Welt einzutauchen. Sie war die erste Harfenistin, die an der Haute Ecole de Musique de Lausanne (HEMU) einen Master-Abschluss in Jazzkomposition und -performance erwarb. Sie blickt auf eine erfolgreiche Karriere zurück und hat sich auf internationalen Bühnen, auf denen sie regelmässig tourt, einen Namen gemacht. Sie hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten, unter anderem den Schweizer Musikpreis 2025 und eine Fördervereinbarung der Stadt Genf für den Zeitraum 2024-2027. Das neueste Album ihres Quartetts wurde beim renommierten deutschen Label Enja veröffentlicht. Die ungewöhnliche Entwicklung ihrer Karriere, die Wahl eines seltenen Instruments, das sie in speziellen Registern einsetzt, machen sie zu einer einzigartigen Persönlichkeit, einer inspirierenden Frau, die ihre Kunst nur im Sinne von Engagement versteht. „Ich kann Kunst nicht losgelöst von der Gesellschaft sehen. In meinem Ansatz versuche ich, mich aus dem Einzelfall herauszulösen, um das Universelle zu berühren, Menschen zu verbinden und sie zu ermutigen, sich in und für unsere Welt zu engagieren.“

Julie Campiche über die Songs:

Anonymous: Dieses Stück kreist um Virginia Woolfs berühmten Satz: “For most of history, Anonymous was a woman.” Frauen sprechen dieses Zitat – jede in ihrer eigenen Sprache; ein Chor weiblicher Stimmen, der ein Gefühl von Gemeinschaft entstehen lässt. Stimmen, die die Frauen hinter der Anonymität sichtbar machen. Stimmen, die uns daran erinnern, dass Frauen keine Minderheit sind, sondern die Hälfte der Menschheit. Musikalisch ist das Stück bewusst reduziert, um dem Gesang den vollen Raum zu geben. Es enthält Beatboxing- und Schlagzeugklänge, die an einen Herzschlag erinnern, sowie einen angespannten Akkord mit lang gehaltenen Tönen, die allmählich hervortreten. Die Musik bleibt im Hintergrund und erzeugt eine wachsende Spannung parallel zur Klangkraft des Chors.

Grisélidis Réal: Mutter, Malerin, Schriftstellerin, Prostituierte, international bekannte politische Aktivistin für die Rechte von Sexarbeiter*innen und zudem Archivarin in diesem Bereich – Grisélidis führte ein Leben von seltener Intensität. Stets auf der Suche nach Freiheit, scheute sie sich nie davor, die Bequemlichkeit gesellschaftlicher Konventionen zu stören. Das Stück basiert auf einem Groove, der aus ikonischen Klängen ihres Lebens aufgebaut ist: das Surren eines Kopiergeräts für ihre Rolle als Aktivistin, das Klacken von Schritten auf Pflastersteinen für die Prostitution, das Kratzen eines Bleistifts auf Papier für die Schriftstellerin, Kinderlachen für die Mutter… Auf dieser Klangbasis webe ich eine musikalische Struktur, die versucht, der Intensität dieser Frau gerecht zu werden – zwischen dem Aufschrei des Protests, dem stillen Seufzer des Schmerzes, der Lebenslust und der Erschöpfung eines aufgewühlten Alltags. Die Atmosphäre ist inspiriert von einer tänzerischen Bewegung, ohne je in reines Entertainment zu kippen.

Andréa Bescond: Tänzerin, Regisseurin, Autorin und Schauspielerin – Andréa stellt ihr gesamtes künstlerisches Schaffen in den Dienst ihres Aktivismus gegen Gewalt an Frauen und Kindern. Sie kämpft dafür, das mediale Schweigen zu brechen und ein System anzuprangern, das Täter schützt. Musikalisch stützt sich das Stück auf das Ticken der Sekunden – es verkörpert Spannung in all ihren Formen. Es evoziert zunächst die Angst vor dem unvorhersehbaren Moment, in dem Gewalt geschieht – aber auch die Gewissheit, dass sie geschehen wird. Der Rhythmus basiert auf Schlag- und Atemgeräuschen, durchbrochen von plötzlichen Momenten der Stille, die an die Brutalität und Unvorhersehbarkeit der Taten erinnern. Die Melodie, mit einer speziellen Spieltechnik auf der Harfe erzeugt, ruft Schreie in Erinnerung. Die Spannung steigt allmählich an und kulminiert in einem durchgehenden elektronischen Ton – wie ein flaches EKG, ein tragisches Symbol für den Tod, den solche Gewalt verursachen kann.

Rosa: Rosa hat keinen Nachnamen. Diese Komposition ist eine Hommage an all die Frauen, die im Schatten unserer Gesellschaft arbeiten. Ihre Arbeit ermöglicht es Frauen in westlichen Gesellschaften, sich von Haushalt und Kindererziehung zu befreien – ohne die Grundstrukturen unseres sozialen Gefüges infrage zu stellen. Musikalisch basiert das Stück auf sich wiederholenden Rhythmen, die eine konstante Spannung aufbauen. Tiefe und hohe Melodielinien antworten sich im Kontrapunkt, melancholisch gefärbt. In Schleifen wiederholt und allmählich verstärkt, steigern sie sich, bis sie sich in Verzerrung auflösen – als Ausdruck der Erschöpfung und der unter der Oberfläche schwelenden Wut.

Las Patronas: Eine Gruppe mexikanischer Frauen, die zentralamerikanischen Migrantinnen helfen, welche auf Güterzügen in Richtung USA reisen – auf der Suche nach einer besseren Zukunft. Diese Frauen bereiten täglich etwa 300 Mahlzeiten zu, die sie in Beuteln den vorbeifahrenden Migrantinnen zuwerfen. Trotz Schwierigkeiten wie Schikane und Bedrohungen durch Behörden und kriminelle Gruppen, setzen sie ihre mutige humanitäre Mission fort. Sie sind zu einem Symbol der Hoffnung und Solidarität für unzählige Migrant*innen aus Mittelamerika geworden.In diesem Stück lasse ich die Harfe beiseite und rezitiere ein Gedicht auf Spanisch – begleitet von einer Trommel und einem Shruti, einem indischen Akustikinstrument, das lange, vibrierende Drones erzeugt.

Tarana Burke: Sie rief den Hashtag #MeToo ins Leben, um Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren haben, Unterstützung und Empowerment zu bieten. Die Bewegung erlangte 2017 weltweite Aufmerksamkeit, insbesondere als sie von weissen Gemeinschaften aufgegriffen wurde – zuerst im Zusammenhang mit dem Weinstein-Fall. Das Time Magazine ehrte sie als „Silence Breakers“ des Jahres 2017, und anerkannte damit, wie eng Geschlecht, Rasse, Herkunft und Sexualität in Fällen von Unterdrückung miteinander verflochten sind. Dieses Stück beleuchtet ihre Geschichte und lädt zur Auseinandersetzung mit Machtverhältnissen und systemischer Ungleichheit ein. Musikalisch enthält es ein Sample aus einer Rede von Tarana Burke, deren Worte zum Zusammenhalt aufrufen und daran erinnern, dass in der Einheit Stärke liegt. Die sich stetig ausdehnende musikalische Struktur ist eine Einladung zu kollektiver Aktion und gelebter Solidarität.

Maman du ciel: Eine Street-Art-Künstlerin, die sich gegen Inzest und innerfamiliäre Gewalt einsetzt. Maman du ciel ist eine Mutter, der das Sorgerecht entzogen wurde. Sie kämpft darum, ihre elterlichen Rechte zurückzuerlangen und ihre 7-jährige Tochter zu schützen, die beim Vater untergebracht wurde – obwohl gegen ihn eine laufende strafrechtliche Untersuchung wegen Inzests vorliegt. Um ihrer Tochter zu zeigen, dass sie für sie kämpft, platziert diese Mutter auf dem Schulweg Bilder von bunten Vögeln, die sie gemeinsam gezeichnet haben. Musikalisch basiert das Stück auf einer obsessiven Frage: „Why can’t you hear?“ Diese Phrase entfaltet sich in einer vokalen Polyphonie, in Schleifen, wie ein Schrei, der kein Echo findet. Die Harfe spielt eine Basslinie, unterlegt mit Polyrhythmik, und schafft ein Gefühl von Unruhe und Instabilität. Darüber schwebt eine vokale Improvisation, die die Form eines Wiegenlieds streift – fragil, schwankend –, als wolle sie dennoch schützen, trotz allem.

Zaïna: Dieses Stück ist meine allererste Komposition – ihre Aufnahme ins Album ist hochsymbolisch, denn sie verkörpert das Wesen der Unschuld. Jede Frau ist – bevor sie eine weibliche Identität übernimmt und in eine gesellschaftlich konstruierte Rolle tritt – zunächst ein Mensch. Diese Idee erinnert direkt an Simone de Beauvoirs berühmten Satz: „Man wird nicht als Frau geboren, man wird es.“ – ein Hinweis darauf, wie stark das Weibliche in unserer Gesellschaft sozial konstruiert ist. Musikalisch entfaltet sich dieses Stück rein akustisch, ohne elektronische Mittel. Es entsteht buchstäblich aus der Stille heraus, baut sich allmählich um eine Improvisation auf und erreicht ihren Höhepunkt mit der auf der Harfe gespielten und gesungenen Melodie. Diese Entwicklung steht sinnbildlich für die Zerbrechlichkeit und zugleich die Kraft der Unschuld – und fängt ihre emotionale Tiefe und Vielschichtigkeit ein.

  • 1Anonymous02:56
    Musik: Julie Campiche
  • 2Grisélidis Réal04:32
    Musik: Julie Campiche
  • 3Rosa05:10
    Musik: Julie Campiche
  • 4Andréa Bescond03:37
    Musik: Julie Campiche
  • 5Las Patronas03:24
    Musik: Julie Campiche
  • 6Tarana Burke04:50
    Musik: Julie Campiche
  • 7Maman Du Ciel04:01
    Musik: Julie Campiche
  • 8Zaïna05:55
    Musik: Julie Campiche
Cover Download
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Musiker
  • Fabien Iannone: Bass, Tom bei Zaina, Andréa Bescond, Maman du ciel, Rosa, Las Patronas
  • Julie Campiche: Harfe, Stimme, Electronics, Samples
Produzent
  • Julie Campiche
  • Leo Fumagalli
Mixer
  • Martin Ruch, Leo Fumagalli, Julie Campiche and Nik Bärtsch
Aufnahme Studio
  • Marelle Studio by Fabien Iannone June 2024
Mastering
  • Martin Ruch
C2026 Ronin Rhythm ProductionsP2026 Ronin Rhythm Productions